Aus der Ferne betrachtet sieht vieles anders aus. Ecken und Kanten verwischen, Flecken verschwinden, Feinheiten werden unsichtbar. Aus der Ferne betrachtet ist das 5:1 bei Arminia Bielefeld ein guter Auftakt der Pflichtspielsaison, ein würdiger Abschluss der makellosen Vorbereitung auf die Bundesligasaison. Aus der Nähe betrachtet hingegen, gab es noch so manches, das dem scharfen Beobachter missfällt. Dies gilt vor allem für die 25 Minuten bis Markus Feulner begann das Bielefelder Tor aus der Ferne zu beobachten und den Ball dann dreimal in kurzer Folge aus der Ferne dort versenkte.

 

Dieter Hecking konnte eigentlich an diesem Nachmittag nichts mehr falsch machen. Das Ergebnis des Spiels in Hannover würde, soviel stand schon vor dem Anpfiff fest, nichts an der Tabellensituation des FCN ändern. So entschied sich der Übungsleiter auch für eine teilweise durchaus experimentelle Herangehensweise: Jens Hegeler rückte für den verletzten Almog Cohen ins Team; Marvin Plattenhardt ersetzte den formschwachen Javier Pinola; Per Nilsson wurde für seine tadellose Reservistenrolle mit einem Einsatz neben seinem Verdränger Philipp Wollscheid belohnt; Ilkay Gündogan durfte zu Hause die Umzugskisten packen. Sein Ersatz hieß Julian Wießmeier: 18, gebürtiger Nürnberger. Um 15:56 musste es dann heißen: Julian Wießmeier: 18, gebürtiger Nürnberger, Bundesligaspieler, Bundesligatorschütze. Aus Nürnberger Sicht war damit die Story des Spiels geschrieben.

 

Man durfte kurz über den letzten gebürtigen Nürnberger als Torschützen rätseln, konnte dann die Antworten Peter Perchtold (Oktober 2008 in Ahlen) für die 2. Liga und Chhunly Pagenburg (April 2007 gegen Aachen) für die Bundesliga geben.Man hatte sogar Zeit den gebürtigen Nürnberger herauszusuchen, der zuletzt gegen ein Team getroffen hatte, das nicht aus einem mit „A“ beginnenden Ort stammte (Störzenhofecker 2000 in Saarbrücken). Für alle ganz Interessierten ergab das längere Nachdenken dann noch eine weitere Liste gebürtiger Nürnberger als Torschützen des Glubb in den letzten circa 20 Jahren: Thomas Ziemer, Marc Oechler, Frank Türr. Die 65 Spielminuten nach Wießmeiers Tor boten nämlich für den Clubfan wenig erbauliches außer drei Gegentoren. Somit musste man sich die gute Laune notgedrungen aus der Vergangenheit holen. Nach einer Saison, wie der gerade abgelaufenen kein allzu schweres Unterfangen.

 


Letzte Heimspiele sind per se Zeiten des Abschieds: Von der Saison, von Hoffnungen, von Spielern. Wer ein Spiel dieser Art mitgemacht hat, kennt sie alle, könnte man meinen. Vor dem Spiel ein bisschen anständiges Klatschen für die Spieler, die gehen, nach dem Spiel eine kleine Ehrenrunde, so läuft das, wenn die Ligazugehörigkeit des Vereins feststeht. Nicht so beim 1. FC Nürnberg, nicht so zur Verabschiedung einer lebenden Club-Legende. Vor dem Spiel, während des Spiels und nach dem Spiel wurde einer gefeiert: Marek Mintál.

 

An diesem Tag einen Bericht über das Spiel im Westfalenstadion aus Nürnberger Sicht zu schreiben, ist vergleichbar mit einem Bericht von einer Hochzeit in Castrop-Rauxel am Vortag. Die Augen sind an diesem Nachmittag nicht auf dem FCN, sondern auf dem neuen Deutschen Meister, dem BVB. Im Gegensatz zum letzten Mal als Leverkusen und Dortmund sich um den Meistertitel balgten, spielte der Glubb nicht den Spielverderber, sondern war artiger Gast auf der Meisterfeier.

 

Am Ende war es ein inzwischen wohlbekanntes Bild: Fehlentscheidung, Empörung, Lamentieren, Wut, Pfiffe. Nicht zum ersten Mal endete ein FCN-Heimspiels entscheidend vom Eindruck geprägt, benachteiligt worden zu sein. Ein Spiel wie in den 90 Minuten bis zu jenem ungeahndeten Handspiel, das die altbekannten Mechanismen in Kraft setzte, das hatten Heimspielbesucher in dieser Saison hingegen nahezu noch gar nicht gesehen; einen völlig überforderten und an der gestellten Aufgabe kläglich scheiternden 1. FC Nürnberg auch nicht. Nicht eine klare Torchance im ganzen Spiel macht deutlich wie schwach das Offensivspiel des Glubb über die gesamte Spieldauer war; wie wenig er dem Mainzer Defensivriegel entgegenzusetzen hatte. So gab es eine der spielerisch schwächsten Saisonleistungen zu sehen, bei der nahezu kein Spieler Normalform aufwies.

 

 

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