Das Bild nach dem Spiel war deutlich. Eine Mannschaft, die mit der Kurve zusammen feierte. Ausgelassen, fröhlich, fast ein bisschen albern. Grund gab es aber genug: Der Club hatte zuvor mit einer disziplinierten Leistung Freiburg zu Fall gebracht. Jenes Freiburg, das zu Beginn der Hinrunde den Club noch mit 6:3 abgefertigt hatte. Zu erkennen war personell wie spielerisch wenig Gleiches verglichen mit dem Breis-GAU im Juli. Der Club ist mit dem Sieg - es war der vierte Sieg in Folge, er kam gegen den Tabellenführer – endgültig in der Spitzengruppe angekommen. Er ist im Rennen … mit ungewissem Ausgang.

Der Stadion-DJ wusste es schon in der Pause. Da erklang kurz vor Wiederanpfiff der Song „Friday I’m in love“ der New Waver von „The Cure“. Das war nicht nur passend, weil die Beschreibung ihres Frontmanns Robert Smith als „ungekämmtes Aushängeschild von Verberden und Schwermut“ durchaus auch für den typischen Clubfan gelten könnte, sondern weil genau jener Clubfan an diesem Freitag tatsächlich ein wenig verliebt sein könnte. Verliebt in eine Mannschaft, die zumindest über Nacht auf dem Relegationsplatz steht. Sie steht dort, weil sie die dritte reife Leistung in Folge brachte.

Manchmal klaffen Fremd- und Selbstbild eklatant auseinander: Die meisten Clubfans stuften ob der Serie von nur einem Sieg aus den letzten sieben Ligaspielen die eigene Mannschaft eher schwach ein. Ewald Lienen, Trainer des Gegners, sprach ob der Tatsache, dass der FCN vor dem Duell am Millerntor seit Mitte September nur eines von zehn Pflichtspielen verloren hatte, von einer Top-Mannschaft. Am Sonntagnachmittag schien Lienens Einschätzung näher an der Wahrheit. Der Club lieferte in Hamburg eine unerwartete Gala ab und gewann mit 4:0.

Nicht zum ersten Mal hinterließ der Club die Zuschauer ratlos. Was soll man jetzt mit diesem Ergebnis anfangen? Ärgern über die mit dummen Fehlern weggeworfene Führung? Freuen über den Punkt nach 1:3? Eine Einordnung des Spiels fällt extrem schwer, da so grundsätzlich gegensätzliche Eindrücke die Wahrnehmung bestimmen. Wahrscheinlich ist es so am besten zusammengefasst: Das vogelwilde Spiel zweier vogelwilder Defensiven findet am Ende ein vogelwildes Ergebnis: 3:3.

Der französische Philosoph und Literaturtheoretiker Roland Barthes formulierte seine Thesen zur Intertextualität so: Jeder Text ist durch stete Rückbezüge auf Kultur, Literatur und Lebenswelt eigentlich schon immer da gewesen. Er entsteht nicht völlig neu, sondern ist lediglich eine Neuzusammenstellung jener Bezüge. Die Spiele des FCN sind in diesen Wochen eine Untermauerung von Barthes‘ Thesen. Alle Elemente des Spiels kennt man, sie waren alle schon immer da, sie werden nur in jedem Spiel zu neuen Ergebnissen neu kombiniert. Dieses Mal kombinierte man die Spielkultur des Pokalabends, die Chancenverwertung aus dem Frankfurt-Spiel das Ergebnis des Duisburg-Spiels und warf kontroverse Schiedsrichterentscheidungen der gesamten Saison mit in den Topf.

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