René Weiler wurde in den ersten Wochen nie müde zu betonen, dass es Zeit brauche, bis die Mannschaft sich finde. Er wolle ja mit einer Stammelf spielen, aber die müsse sich eben erst finden. Auf dem Betzenberg wirkte es über weite Strecken so, als habe man sich gefunden. Es spielte zu Beginn die identische Aufstellung wie beim Sieg gegen Sandhausen. Sie spielte auch von der Idee her ähnlich: Wach, flach und effizient. Natürlich half der Gegner in Person von Patrick Ziegler, der früh zu Recht vom Platz flog, das schmälert aber keinesfalls die Leistung des FCN, der gerade in der zweiten Halbzeit einige Male sogar spielerische Klasse aufblitzen ließ.

Besonders sichtbar wurde diese beim 2:0 als Laszlo Sepsi und Guido Burgstaller sich auf der linken Außenbahn den Ball gekonnt zuspielten, Burgstaller gezielt nach innen flankte und Schöpf den Ball ins Tor köpfte. Dass der zu diesem Zeitpunkt kleinste Nürnberger jenes – wohl entscheidende – Tor erzielte, sagt alles über die gnadenlose Effizienz des Clubs vor dem Tor in diesen Wochen aus. Statistisch gesprochen liegt der FCN bei einer Chancenverwertung von um die 40%; ein Wert, der in Nürnberg völlig unbekannt ist. Effizienz, die sich auch nach Ecken unter Beweis stellt. Gleich zwei Tore fielen nach einer Ecke. Sowohl Hovlands 1:0 als auch Burgstallers 3:0 fielen nach Möhwalds Flanke.

Offensiv lief es also beim Club. Sicherlich war da vor allem in der ersten Halbzeit spielerisch noch Luft nach oben, doch an einem Spätnachmittag wie diesem lässt sich darüber getrost hinweg sehen. Es ist schließlich insgesamt eine spielerische Entwicklung in die richtige Richtung festzustellen. Nicht nur, dass die Passquote in ungeahnte Höhen (~85%) schnellte und der Ballbesitz bei fast 65% lag: Der Anteil der planlos nach vorne geschlagenen Bälle ist deutlich reduziert, auch weil die Aufgabe des Spielaufbaus nicht mehr in erster Linie den Innenverteidigern obliegt. Dies liegt auch daran, dass sich Kevin Möhwald immer mehr zur Entdeckung der Spielzeit entwickelt. Immer wieder fordert der Neuzugang aus Erfurt den Ball, verteilt ihn und wirkt auf wie neben dem Platz als echte und authentische Führungsfigur.

Defensiv hielten die Wackler sich an diesem Dienstag in Grenzen, sicherlich könnte der FCK durch Halfar in Führung gehen, wenn dieser die Rutschpartie von Leibold und Hovland ausnutzt. Dies verhinderte aber Thorsten Kirschbaum mit seinen Fingerspitzen. Sonst blieben die Gastgeber harmlos, auch weil der Club sie zu Fehlern und Fehlpässen zwang. Die wenigen Szenen, in den Lautern vor dem Tor auftauchte, spielten die Roten Teufel dann in der Regel schwach aus oder aber wurden doch noch entscheidend gestört. Nichtsdestoweniger macht das dritte Spiel ohne Gegentor in den letzten vier Spielen auch deutlich, dass sich die Defensive verbessert und stabilisiert hat.

Es deutet also in der Tat sehr vieles darauf hin, dass der Findungsprozess beim FCN zumindest in die Schlussphase geht. 9 von 12 möglichen Punkten aus den letzten vier Spielen, alle neun Punkte ohne Gegentor geholt, dazu (bis morgen Abend) auf Rang Vier der Tabelle geklettert. Die Entwicklung in Nürnberg zeigt eindeutig nach oben. Das bedeutet nun keinesfalls, dass daraus gleich wieder Ansprüche in Richtung Aufstieg abgeleitet werden können, noch ist die Entwicklung ein zarter Schritt in die richtige Richtung, abhängig noch von günstigen Spielverläufen und auch etwas Glück.

Glück wie in der 18. Minute, als Schiedsrichter Rohde eben erkannte, dass Ziegler mit beiden Beinen vom Boden abhob und mit offener Sohle Burgstaller abräumte. Die fällige Rote Karte gibt nicht jeder Schiedsrichter im Profifußball, erst recht nicht am Betzenberg. Doch dieser hatte an diesem Dienstagspätnachmittag dank der unmöglichen Anstoßzeit viel von seiner Atmosphäre eingebüßt. Selbst die ausgerufenen 21.549 Zuschauer dürften noch durch abwesenden Dauerkartenbesitzer geschönt gewesen sein. Hätten die Lauterer das Ergebnis gewusst, es wären womöglich noch weniger gekommen.

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