Ganz klar war am Samstagnachmittag im Max-Morlock-Stadion nicht, was da eigentlich passiert war in den vorausgegangenen 90 Minuten. Hatte eine völlig überforderte Abwehr den FCN an den Rand einer Niederlage gebracht? Hatte ein planloser Angriff den FCN einen Sieg gekostet? Hatte eine nicht souveräne Schiedsrichterin die drei Punkte auf dem Gewissen? Oder ein Trainer, der 90 Minuten auf einen wenig tauglichen Außenverteidiger setze? Hatte der Club durch das frühe Gegentor einen dreifachen Punktgewinn verspielt? Oder durch den späten Sturmlauf einen Punkt gewonnen?

 

Es liegt in der Natur eines Unentschiedens, dass letztlich all diese Interpretationen ihre Berechtigung haben. Einer Argumentation für eine Seite stehen genauso viele Gegenargumente gegenüber. Unbestritten ist, dass der FCN in der Anfangsviertelstunde ein grausiges Bild ablieferte. St. Pauli ging nach 50 Sekunden in Führung unter tätiger Mithilfe der Clubdefensive, die erst im Mittelfeld dem Ball lediglich Geleitschutz gaben, um dann in der Abwehr bei Rzatkowski auf selbigen zu verzichten. Der Schock des Gegentors saß tief, St. Pauli kam zu weiteren Möglichkeiten.

Wer allerdings dann dachte, dass das Spiel den Weg anderer Spiele mit frühen Gegentreffern (Fürth, Karlsruhe, Heidenheim) nehmen würde, der sah sich getäuscht. Stattdessen kam der FCN zum Ausgleich und damit dann auch ins Spiel. Dass der Ausgleich durch einen Fehler der Gäste und nicht durch eigenes Offensivspiel eingeleitet wurde, passte zum Spielverlauf und auch zur allgemeinen Spielanlage – bzw. zum Fehlen einer solchen – beim FCN in diesen Tagen. Sylvestr reagierte auf einen Fehlpass von Daube gedankenschnell, ließ sich weder vom Ball abbringen, noch davon aus der Ruhe bringen, dass sein Schuss zunächst abgeblockt wurde und vollendete zum Ausgleich.

Kurz danach wurde der Slowake ein weiteres Mal exzellent freigespielt, dieses Mal sogar vom eigenen Mann, und vollendete erneut. Allerdings entschied das Schiedsrichtergespann auf Abseits – zu Unrecht. Beide Szenen zeigten wie die Stärken des 25-jährigen Angreifers zur Geltung kommen können und gleichzeitig, dass die Spielweise des FCN unter Valerien Ismael diesen Stärken in vielen Phasen diametral entgegen steht. Tore wie das 2:2, bei dem Sylvestr eher als Strafraumwühler agierte, sind die Ausnahme beim Slowaken, da er eigentlich viel Feld vor sich benötigt, in das er hineinlaufen kann. Das Spiel mit hohen Bällen im Spielaufbau und Flanken von außen raubt den Torschützenkönig des Vorjahres seiner Stärken.

Stärken, die man bei anderen Akteuren des FCN vergeblich sucht. Es mag reichlich hart sein, den Stab über einem 21-Jährigen nach seinem sechsten Profispiel zu brechen. Dennoch muss man Manuel Bihr zum wiederholten Male attestieren, dass er die Profitauglichkeit nicht nachweisen konnte. Schon vor der Pause, als er als Linksverteidiger agierte, blieb Bihr oft weit entfernt von Nehrig und ließ diesem gefährlich viel Platz. Nach der Pause rutschte Bihr auf die rechte Seite und Pinola, der für den dann doch zu kranken Celustka kam, verteidigte links. Dort setzte Bihr seine zu große Distanz zu den Angreifern fort, was dann auch das 1:2 zur Folge hatte, als er wie schon gegen Darmstadt einen Gegner zu wenig energisch am Schuss hinderte.

Es war nicht der erste Fehler dieser Art und nicht das erste Mal, dass Bihrs zögerliches Abwehrverhalten für Probleme sorgte, es ist daher durchaus fraglich, warum Valerien Ismael zum wiederholten Male (und obwohl der Verteidiger unter der Woche angeschlagen war) auf ihn setzte. Auch der erneute Startelf-Verzicht auf Jan Polak, der dem Spiel nach seiner Einwechslung durchaus mehr Struktur verlieh, darf hinterfragt werden. Das Hinterfragen wäre sicher nach einem 1:2 größer und die Schlussoffensive zeigte auch, dass der FCN eben doch Offensivdruck aufbauen kann. Es zeigte sich aber auch, dass dieser Druck noch wenig zielgerichtet vorgetragen wird. An dieser Stelle ist eben dann doch das Hinterfragen des Übungsleiters angebracht, da genau dieser für derartige Struktur zuständig ist.

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