Individuelle Fehler am laufenden Band, dumme Fouls, Torwartpatzer, Anhängern des FCN muss das ganze Programm am Freitagabend in Berlin seltsam bekannt vorgekommen sein. Der entscheidende Unterschied an der Alten Försterei war allerdings, dass diese Fehler dieses Mal nicht vom Club, sondern vom Gegner begingen wurden. Da der FCN, wie auch all seine Gegner in dieser Spielzeit, die Einladungen anzunehmen wusste, feierte der Club den ersten Auswärtssieg seit Februar und den höchsten Auswärtssieg im Ligabetrieb seit einem 5:1 in Egelsbach im März 1997 (im Profibereich muss man sogar bis in den September 1987 zu einem 4:0 in Homburg zurückgehen).

Hauptbeteiligter auf Seite des FCN an diesem Erfolg war mit Daniel Candeias einer, der erst wenige Tage am Valznerweiher trainiert. Der Portugiese erzielte das erste Tor mit einem satten Fernschuss selbst. Das zweite bereitete er mit einer Flanke auf den Kopf von Timo Gebhart vor. Drüber hinaus war er es auch, der in der 45. Minute von Dausch mit dem Ellenbogen erwischt wurde, so dass sich Schiedsrichter Willenborg genötigt sah, dem Unioner Rot zu zeigen. Candeias war somit an allen entscheidenden Situationen der ersten Halbzeit beteiligt und wirbelte auch nach der Halbzeit, wenn auch nicht mehr mit durchschlagendem Erfolg.

Aber nicht nur Candeias hatte eine doppelte Torbeteiligung, auch Timo Gebhart – erzielte das 2:0, bereitere das 3:0 vor – und Robert Koch – Vorlage 1:0, Torschütze 4:0 – erhielten an diesem Abend zwei Scorerpunkte. Die restlichen Punkte erhielten Mlapa (Torschütze 3:0) und Schöpf (Vorlage 4:0). Die nackten Statistiken zeigen schon einmal, dass die Offensive wesentlich besser funktionierte als an den Wochenenden zuvor. Das lag natürlich zum Teil an der Schwäche der Berliner Hintermannschaft, aber auch am hartnäckigen Nachsetzen des FCN. So entstanden viele Gelegenheiten, wie auch die Tore zum 1:0 und 4:0 durch konsequentes, aber faires Zweikampfverhalten.

Auch der zweite Neuzugang der Woche, Ondrej Celustka, zeigte sich zweikampfstark, gewann 80% seiner Duelle und fügte sich auch sonst souverän ein, klärte sogar einmal mit der Hacke vor einem einschussbereiten Berliner und ließ in Kooperation mit seinem tschechischen Namensvetter, Ondrej Petrak, auf der rechten Abwehrseite kaum etwas zu. Die linke Seite war hier durchaus anfälliger, was zum einen an der Grobschlächtigkeit Dave Bulhuis‘ lag, zum anderen aber auch daran, dass Javier Pinola zwar in der Luft unbezwingbar war, aber auf dem Boden einige mal wackelte. Da die Berliner aber auch hundertprozentige Chancen liegen, stand am Ende zum zweiten Mal in dieser Saison die Null.

An dieser Null hatte in Berlin auch Patrick Rakovsky seinen Anteil, der mehrere Male souverän klärte und sich vom spielentscheidenden Fehler aus dem Frankfurt-Spiel nicht verunsichern ließ. Überhaupt wirkte die gesamte Mannschaft nicht sonderlich verunsichert von der in jeder Hinsicht schwierigen Woche im Verein. Das lag sicherlich am optimalen Spielverlauf: Frühes Tor, zeitige Erhöhung, Platzverweis für den Gegner. Dennoch beeindruckte die Mannschaft durch eine mentale Stärke, die man ihr nach einer derartigen Woche nicht unbedingt hatte zutrauen können.

Natürlich ist damit kein automatisches Erstligaticket gebucht, die Zukunft sieht aber mit der Kombination aus Einstellung, Robustheit und Kaltschnäuzigkeit besser aus als noch vor Wochenfrist. Ob man Valerien Ismaels Urteil, dass an diesem Abend eine Mannschaft geboren worden sei, teilen kann, wird die Saison zeigen. Es scheint aber nicht mehr so unmöglich wie noch vor einer Woche. An dieser Mannschaftswerdung kann nun zwei weitere Wochen in Ruhe gefeilt werden. Eine Ruhe, die man sich mit dem 4:0 in Berlin erspielt hat.

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