Im Vorlauf der Partie im Dortmunder Westfalenstadion bestimmte auf beiden Seiten nicht das Sportliche die Debatte. Wer unter der Woche die Gazetten durchblätterte, der hatte den Eindruck gewinnen können, in ein Fremdwörterlexikon gefallen zu sein. Hochfrequenzintereferenz, Tinnitus und interosseale Sehne waren die Begriffe, die das Geschehen bestimmten. Fast hätte man vergessen können, dass da am Wochenende ein Duell anstand und es kein Boxkampf zwischen Dietmar Hopp und Raphael Schäfer sein würde. So gesehen war es kein Wunder, dass das Spiel insgesamt unspektakulär und wie erwartet verlief: Der FCN hielt mit, konnte aber den BVB nicht bezwingen. Er verlor mit 0:2, verlässt das Ruhrgebiet aber mit der Erkenntnis, dass die zuvor geführte Torwartdebatte unnötig ist.

 

 

Schäfer-Ersatz Patrick Rakovsky agierte nämlich völlig fehlerfrei und wirkte zu keiner Zeit wie der drittjüngste Torwart der Bundesligageschichte. Zwei Mal konnte der 18-Jährige sich durch gute Reflexe auszeichnen. An beiden Gegentoren war er schuldlos, stand dort, wo er stehen muss, obwohl er bei Großkreutz' Treffer auf Grund von Kloses Abfälschung unglücklich aussah. Zyniker würden behaupten, dass Raphael Schäfer auf Grund seiner Schwächen im Rauslaufen dieses Tor nicht kassiert hätte. Natürlich sind die Gedankenspiele der sportlichen Leitung einen zusätzlichen Torwart zu holen, nachvollziehbar. Sofortiger, akuter Handlungsbedarf besteht allerdings nach dieser Leistung von Patrick Rakovsky nicht.

 

Eher Schuld an beiden Treffern war die fehlende Ordnung bei Ballverlusten in der Vorwärtsbewegung. Das 1:0 fiel durch einen Konter nach einer Ecke für den FCN, das 2:0 nachdem der Glubb in der Jagd nach dem Ausgleich Räume aufmachen musste. Dies war besonders ärgerlich, weil der Glubb bis zum Gegentor defensiv hervorragend stand und das Spiel des Deutschen Meisters durch aggressives und frühes Pressing zerstörte. 45 Minuten lang konnte der BVB sich nicht entfalten, hatte keine Ähnlichkeit mit dem Zauberteam der Vorsaison. Eine Halbzeit lang offenbarte der FCN seine große Stärke, hohe taktische Disziplin, Raumverengung, Torchancen nach Standardsituationen.

 

Doch gleichzeitig offenbarte sich schon in dieser Phase, erst recht aber danach, die große Schwäche der Mannschaft: Die Chancenverwertung. Hätte die Mannschaft vor dem gegnerischen Tor so konsequent agiert wie in der ersten Halbzeit vor dem eigenen, mindestens ein Punkt wäre in Dortmund herausgesprungen. Vor allem die Chancen von Jens Hegeler vor dem Seitenwechsel und von Julian Wießmeier kurz vor dem 2:0, müssen in die Kategorie "hochkarätig" eingeordnet werden. Da aber keine der Gelegenheiten genutzt wurden, stand am Ende des Spiels doch die Null. Null Tore und wie schon vor Wochenfrist null Punkte.

 

Noch muss dies nicht zu Panikattacken im FCN-Lager führen. Die Niederlagen kamen gegen den Ersten und Vierten der Vorsaison. Genausowenig darf jedoch nun alles mit dem fränkischen Superlativ "bassd scho" abgetan werden. Die von Dieter Hecking unter der Woche festgestellte Kreativschwäche war auch in Dortmund zu attestieren. Wenn der Ball nicht in der Umkehrbewegung gewonnen wird, sondern das Spiel langsam aufgebaut wird, gibt es nur wenige lichte Momente. In Dortmund war dies eigentlich nur bei Christian Eiglers (11.) und Julian Wießmeiers (78.) Chancen der Fall. In beiden Fällen war eine Flanke von Timothy Chandler der Auslöser, keine Aktion eines Mittelfeldspielers. Von diesen fehlten weitgehend die Impulse, die Ideen, um Chancen herauszuspielen.

 

Dies war zum einen natürlich der Tatsache geschuldet, dass mit Feulner, Hegeler, Cohen und Simons vier Mittelfeldakteure auf dem Feld standen, die oftmals eher destruktiv als konstruktiv agieren, eher Handwerker als Künstler sind. Zum anderen aber kann man auch von diesen Spielern erwarten, dass sie die ein oder andere Idee im Vorwärtsspiel haben. Deutlich gefährlicher als die angesprochenen vier war der zwanzig Minuten vor Schluss eingewechselte Julian Wießmeier, der in Ansätzen zeigte, dass er auch auf höherem Niveau die Eindrücke aus zweiter Mannschaft und Testspielen bestätigen kann. Es ist durchaus möglich, dass der junge Mann die Lösung für die Kreativprobleme ist. Wenn Hecking Wießmeier dies nicht zutraut oder er den 18-Jährigen behutsam aufbauen möchte, dann sollte angesichts der Verletzung von Didavi überlegt werden, ob auch an dieser Stelle noch nachgelegt wird, da die Probleme in diesem Bereich zu offensichtlich sind. Etwas, das vor der Saison beim Blick auf den Kader fast so erwartbar war wie eine Niederlage in Dortmund ...

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