Dieter Hecking hatte sich vor dem Spiel klar positioniert: Gegen Frankfurt sei der FCN Favorit, so der Fußballlehrer. Er sollte Recht behalten: Das Spiel hatte alle Züge, die ein Heimspiel eines Favoriten gegen einen krassen Außenseiter meist mit sich bringt: Einen Gast, der sich auf Verteidigen und Kontern beschränkt; einen Gastgeber, der geduldig versucht den Abwehrriegel des Außenseiters zu durchbrechen; ein glückliches erstes Tor, das den Favoriten auf die Siegerstraße bringt. Eine Straße, von welcher der 1. FC Nürnberg seit vier Wochen nicht abgebogen ist und auf der er es gegen Frankfurt am Ende zu einem 3:0-Erfolg brachte.

 

Zu verdanken war der Sieg tatsächlich vor allem der Geduld der Mannschaft des FCN. Zu keinem Zeitpunkt verfielen sie in Hektik oder Unordnung. Stattdessen kontrollierte der Glubb – ganz im Stile eines Favoriten – das Spiel über fast neunzig Minuten und ließ sich nicht davon aus der Ruhe bringen, dass es im ersten Durchgang nahezu unmöglich war Torchancen gegen die tief stehenden Frankfurter zu erspielen. Stattdessen spielte die Mannschaft geduldig weiter ihr Spiel und bewies damit einmal mehr ihre fußballerische Reife.

 

Frühere Club-Mannschaften hätten sich irgendwann bei einem Frankfurter Konter unkonzentriert gezeigt, den Ball schlecht geklärt oder die Kugel selbst ins Netz gelegt. Die aktuelle Mannschaft hingegen stand gerade in der Innenverteidigung bei den wenigen Angriffen der Gäste hervorragend. Dabei war auffällig, dass die Arbeitsteilung immer besser gelingt: Philipp Wollscheid nutzt seine Größe aus, um den Luftraum zu säubern; Andreas Wolf räumt kompromisslos am Boden auf. Beruhigt aufspielen können die beiden natürlich auch deshalb, weil vor ihnen das Duo Cohen/Simons durch ihre Raum- und Aufgabenteilung einen Großteil der gefährlichen Anspiele verhindert oder den Gegner nach außen abdrängt.

 

Die einzigen gefährlichen fünf Minuten gegen die Eintracht entstanden dann auch genau zu dem Zeitpunkt als Cohen und Simons Abstimmungsprobleme hatten, welche den Frankfurtern ermöglichte, in den freien Raum vor der Nürnberger Abwehr zu stoßen. Doch Dieter Hecking erkannte das Problem schnell und behob es durch direkte Anweisungen an der Seitenlinie. Es ist auffällig, dass Hecking in den letzten Wochen immer öfter diese schnellen Eingriffe vornimmt, um schnell auf plötzliche Veränderungen im Spiel zu reagieren.

 

Doch auch Hecking konnte nicht verhindern, dass Almog Cohen nicht nur einen Grund zum Feiern – er schoss das 3:0 – hatte, sondern auch einen zum Schwermut: Der Israeli, bissig und kampfstark wie immer, kassierte seine fünfte gelbe Karte und fehlt damit auf Schalke. Es steht zu hoffen, dass auch dann wieder eine der größten Stärken des Teams in diesen Wochen zum Tragen kommt: Jeder ist ersetzbar. Egal, ob Mehmet Ekici gegen Hamburg, Andreas Wolf gegen Leverkusen, Christian Eigler gegen Stuttgart oder an diesem Abend gegen die SGE nun Juri Judt. Egal, welcher Ausfall zu beklagen ist, die Mannschaft ist in der Lage mit ihm umzugehen.

 

Es spricht für das Niveau und die Fähigkeiten der Truppe, wenn Langzeitausfälle wie die von Mike Frantz oder Ilkay Gündogan nur dahingehend Panik auslösen, als dass man sich fragt: „Wer soll für die Platz machen, wenn sie fit sind?“ So schnell niemandem Platz machen wird Julian Schieber. Der 22-Jährige rieb sich erneut über weite Strecken an der gegnerischen Abwehrmauer auff. Der Schwerpunkt seiner Aktionen war rechts knapp zehn Meter hinter dem Strafraum auszumachen, sehr tief für einen Stoßstürmer. Dort versuchte Schieber immer wieder Chandler, Ekici Eigler und Hegeler mit Ablagen und kurzen Pässen in Szene zu setzen, was allerdings nur selten gelang.

 

In der entscheidenden Szene setzte sich Schieber dann aber selbst in Szene und hämmerte einen Freistoß aus knapp 30 Metern in Richtung Tor. Frankfurts Keeper Nikolov ließ den Ball über seinen Körper ins Tor springen und es stand 1:0 für den Glubb. Danach stellte die Hecking-Elf noch eine weitere Qualität unter Beweis. Sie ist inzwischen in der Lage Spiele nach einer Führung ruhig und gelassen zu Ende zu spielen ohne großes Bangen entstehen zu lassen. Worin die Gründe dafür liegen, sah man am Freitagabend sehr gut. Zu keinem Zeitpunkt verwandelte sich der Vorsprung in ein Ruhekissen, das Forechecking wurde nicht eingestellt, die Intensität nicht aus den Zweikämpfen genommen. Vielmehr wurde versucht den Sieg sicherzustellen.

 

Dank dieser Bemühungen fiel es kaum ins Gewicht, dass diese letzte Sicherheit erst kurz vor Schluss durch Robert Maks 2:0 erzielt wurde. Das Tor verkörperte noch einmal alle Qualitäten der Mannschaft. Der Slowake gewann den Zweikampf gegen Vasoski, obwohl er ins Straucheln geraten war, blieb auf den Beinen, obwohl der Gegenspieler ihm beim Weiterlaufen in die Beine traf und schlenzte den Ball ins Tor, obwohl Nikolov ihn noch berührte. So wurden beim Tor, wie im gesamten Spiel, die Glubb-Akteure für ihren Konzentration, ihre Verbissenheit, ihren Willen belohnt, genauso wie man es von einem Favoriten auch erwarten darf.

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