Glaubt man Leverkusens Trainer Jupp Heynckes, so hat am gestrigen Samstag im Max-Morlock-Stadion zu Nürnberg kein Fußballspiel stattgefunden: Seine Mannschaft konnte nicht Fußball spielen, weil der Gegner sie auf brutalst mögliche Weise darin gehindert hat und dabei natürlich auch keinen Fußball gespielt hat. Eine Alternative dafür, was es dann stattdessen war, was da auf dem Rasen stattgefunden hat, bot Heynckes nicht. Ein bedauerliches Versäumnis des Mannes im Rentenalter, der damit verpasste dem geneigten Zuschauer noch mehr Einblick in seine Gedankenwelt zu geben. So hinterließ Heynckes den Eindruck eines schlechten Verlierers, der die Gründe für die verdiente Niederlage seiner Mannschaft partout nicht in den eigenen Reihen suchen wollte. Gründe, die auch in der Stärke des gastgebenden 1. FC Nürnberg lagen, in dessen Laufbereitschaft, dessen Kampfkraft, aber auch dessen Raumordnung und Disziplin.

 

Es steht außer Zweifel, dass das Spiel über weite Strecken nicht der visuelle Leckerbissen war, den Heynckes in der hauseigenen Fast-Food-Filiale serviert bekommt, doch allein darin zeigt sich die Qualität des Spiels des FCN dieser Tage. Wie schon gegen Hamburg kam der höher eingeschätzte Gegner kaum zu Torchancen. Großen Anteil daran hatte vor allem das defensive Mittelfeld in Form von Timmy Simons und Almog Cohen. Die beiden brachten, wie schon gegen Hamburg, die Aufbauspieler der Gäste durch ihre Bereitschaft lange Wege zu gehen und ihre Fähigkeiten Bälle zu erobern an den Rande der Verzweiflung.

 

Dabei haben die beiden eine nahezu perfekte Aufteilung entwickelt. Simons, der Ruhige, der Erfahrene, versucht durch Antizipation und Stellungsspiel die Angriffe abzufangen. Cohen, der Quirlige, der Kampfeslustige, betätigt sich als Abfangjäger, versucht die Bälle im Zweikampf zu erobern oder zumindest den Ball führenden Spieler so unter Druck zu setzen, dass der Ball nicht präzise gespielt werden kann.Wie gut dies gegen Leverkusen funktionierte konnte an der hohen Anzahl der Fehlpässe der Gäste in der Angriffshälfte festgemacht werden. Neben der blanken Zahlen zeugte noch etwas vom Gelingen dieser Aufteilung: Als Almog Cohen vier Minuten vor Schluss, auf Grund seiner robusten Spielweise akut Platzverweis gefährdet, gegen Marek Mintal ausgewechselt wurde, erhob sich das Stadion und verabschiedete den Israeli zurecht mit stehenden Ovationen.

 

Ironischerweise musste der FCN nach Cohens Auswechslung dennoch einen Platzverweis hinnehmen. Christian Eigler schaffte es sich binnen sieben Minuten zunächst Gelb für ein unnötiges Frustfoul an der gegnerischen Torauslinie abzuholen, um dann nach einem taktischen Foul drei Minuten vor Schluss vom Platz zu fliegen. Trotz des unnötigen Feldverweises dürfte Christian Eigler am Samstagabend beruhigt, zufrieden und glücklich ins Bett gefallen sein, war es doch sein Schuss in den Winkel, der das Spiel zu Gunsten des Glubb entschied. Doch auch jenseits des Tores hat sich Christian Eigler seit dem Ausfall von Mike Frantz derart entwickelt, dass sein Ausfall am Samstag in Stuttgart inzwischen in die Kategorie „ärgerlich“ fällt. Zu seinem immer schon hohen Arbeitspensum und seiner immensen Laufbereitschaft, kam nämlich in den letzten Wochen eine reduzierte Quote offensichtlicher und vermeidbarer Fehler im Spielaufbau hinzu. Der 27-jährige wird nie ein König des eleganten Spiels werden, doch auch er trägt einen nicht unerheblichen Anteil an den sieben Punkten aus den letzten drei Spielen.

 

Einen wohl noch größeren Anteil daran dürfte Philipp Wollscheid tragen. Der 21-Jährige klärte durch seine Körperlänge erneut bevorteilt viele Bälle mit dem Kopf, stand nahezu immer richtig und zeigte, dass er auch ohne Andreas Wolf neben sich eine hervorragende Leistung abliefern konnte. Es ergibt sich daher, nun da Andi Wolf seine Sperre abgesessen hat und Per Nilsson wieder einsatzfähig ist, die Frage, welche der vier überdurchschnittlichen Innenverteidiger die zwei Startplätze übernehmen wird.Rein von den Leistung her würde vieles dafür sprechen, Andreas Wolf eine Pause zu verschaffen, der FCN-Veteran leistete sich viele kleinere, nie jedoch folgenschwere Fehler. Andererseits ist ein Kapitän auf der Bank für kein Mannschaftsgefüge förderlich. Es ist also nicht endgültig zu klären, wer in Stuttgart das Innenverteidigerduo bilden wird, das auflaufen wird, bei welchem Sport auch immer der FCN am kommenden Samstag spielen wird. Es ist anzunehmen, dass es Fußball ist, Jupp Heynckes wird schließlich nicht in der Nähe sein.

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